Samhain und Opfer bringen
Lange Zeit habe ich überlegt, was ich zum Thema Samhain schreiben sollte. Es ist immerhin das wichtigste, oder zumindest eines der wichtigsten Feste im Jahresrad der Wicca. Jeder kennt das Thema zu Samhain: der Gott, der sich opfert, damit wir alle gedeihen können. Das Ende und der Neuanfang. Gott opfert sich für uns – damit wir leben, wachsen und gedeihen können. Wie viel davon sind wir bereit zurückzugeben? An unsere Gemeinschaft? An die Familie? An Freunde? An unseren Partner? Es geht nicht darum, sich aufzuopfern. Keiner muss sein Leben aufgeben und das der anderen in den Mittelpunkt stellen. Es geht darum, schon mit kleinsten Opfern und Gesten großes zu bewirken. Innerhalb der Gruppe habe ich mir erwartet, dass jeder sich so weit „opfern“ würde, dass er sich zumindest Zeit für das Ritual nimmt.
Doch in unserer heutigen Gesellschaft sind wir Menschen meistens nur auf den persönlichen Gewinn fixiert. Egal ob wir Wiccans sind oder nicht. Wir tun fast nichts, wenn wir nicht einen persönlichen Gewinn dabei erwarten. Dieser Gewinn kann Aufmerksamkeit sein, Geld, Anerkennung, Liebe und vieles weitere. Alles Dinge, die wir für ein glückliches Leben brauchen, deswegen durchaus verständlich. Aber ist es nicht auch so, dass grad dann am Meisten zurückkommt, wenn man es am Wenigsten erwartet? Auf der einen Seite jammern wir wegen 20 Minuten Zeit, auf der anderen Seite verschwenden wir Stunden vollkommen sinnlos. Das gleiche lässt sich auch über die Themen Geld und wohl jeden einzelnen anderen Bereich unseres Lebens zu sagen. Verhalten wir uns nicht alle oftmals genauso? Wir reden von Mitgefühl, Engagement, Ehrung der Natur, Liebe, Freundschaft. Doch wo bleiben unsere Taten? Wo können wir einen Teil an die Gemeinschaft zurückgeben oder anderen eine Freude machen, ohne direkten Gewinn zu erwarten. Unsere wichtigste Aufgabe zu Samhain sollte es sein, darüber zu meditieren und sein eigenes Wesen zu erforschen. Der Weg zu Göttin und Gott, der Weg zur eigenen Göttlichkeit ist schwer, hart und lange. Er tut weh, man wird mit den eigenen Schwächen konfrontiert. Doch nur so kommt man dem Göttlichen in sich näher. Gott ist nicht nur im Äußeren und opfert sich, sondern er ist auch in uns, auch wir müssen Opfer bringen.
1. Nachsatz:
Den ersten Nachsatz möchte ich dieses Mal an die Mitglieder des Vereins richten: Wir sind mehr als 1+1=2, die Summe unserer Einzelteile ergibt ein Vielfaches. Doch was passiert, wenn ein Teil dann fehlt? Stellt euch selbst die Frage „Engagiert ihr euch bereits angemessen, oder seid ihr derzeit lieber passive Konsumenten? Wollt ihr die Zeit überhaupt aufbringen?“. Ich wünsche mir, dass sich jeder mit diesem Thema auseinandersetzt. Eine gesunde Gemeinschaft basiert auf einem gesunden Gruppenverhältnis.
2. Nachsatz:
Den zweiten Nachsatz möchte ich an all die vielen Heiden und Hexen Wiens richten. Ich war Anfang Oktober wieder zu Gast beim Stammtisch der Hexen und Heiden. Obwohl ich die Menschen dort sehr gerne mag, musste ich eines feststellen. Die Szene ist noch immer tiefst untereinander zerstritten – ich durfte es auch live miterleben – es wurde sich gestritten, wer am Spirituellsten(!) sei. Ich bin mir nicht sicher, ob ich lachen oder heulen sollte. Menschen! Arbeitet zusammen, steht doch über diesen Kleinigkeiten. Wenn ihr Großes erreichen wollt, zum Beispiel die Anerkennung vom Heidentum in Österreich, einen heidnischen Tempel und ähnliche Pläne, dann nehmt auch ihr euch ein Beispiel am Gott. Opfert euer Bedürfnis, „mehr “ als jemand anderer sein zu wollen, damit ihr Zusammenarbeiten und etwas großes erreichen könnt. Im Endeffekt ist sowieso niemand je mehr als ein anderer, in allen von uns ist der Funke von Göttin und Gott, egal um wie viel wertvoller wir selbst uns gegenüber anderen betrachten wollen.
Ich glaube, jeder der das hier liest hat Interesse an einem heidnischen Tempel; an einer offiziellen Anerkennung – warum davon immer nur träumen? Opfert ein wenig eurer Zeit, besucht meine Gruppe und lernt mich kennen und lasst uns miteinander sprechen. Ich verspreche euch, dieses Ziel liegt dann in nicht so ferner Zukunft.
This entry was posted on Freitag, Oktober 31st, 2014 at 9:06 and is filed under Glaube, Wissen. You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed. You can leave a response, or trackback from your own site.
11:33 on Oktober 31st, 2014
Danke Sina für deinen Text, wir könnten ein bisschen darüber nachdenken wie wir zur Gruppe und Wicca stehen und daraus vielleicht was lernen.
Das Thema Ofperung ist in diesem Fall sehr treffend (noch mehr im Rahmen des heutigen Festes)!
Es wäre trotzdem schön das Mitglieder oder einfach interessierte an Wicca Zeit finden, ihren Glauben auszuüben. Dazu gehören auch Rituale z.B.
Danke Sina für deine Implikation!
14:43 on Oktober 31st, 2014
Stimmungsvoll aufbereiteter Artikel. Sehr passend als auch treffend. Deine Fragen haben Berechtigung und deine Wünsche sollen in Erfüllung gehen. Ein Zentrum zu schaffen, von der aus positiver Energie fließen kann, ein Schutzkreis, der die Gruppe vor Schlechtem bewahrt, absolut anstrebenswert!